Das Mediationsverfahren

Wissenswertes über das Mediationsverfahren

Das Konfliktlösungsverfahren Mediation ist im Mediationsgesetz (MediationsG) seit 21.07.2012 aufgeführt. (BGBl. lS.1577)

Unter § 1 wird als Begriffsbestimmungen angeführt:

  1. Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konfliktes anstreben.
  2. Ein Mediator ist eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt.

Mediation ist die Vermittlung in Konflikten durch allparteiliche Dritte, die von allen Seiten akzeptiert werden. Prozess-Eigentümer ist hier der Mediator „als Herr des Verfahrens“. Seine Verantwortung liegt hier insbesondere in der fachgerechten Leitung des Prozesses, während wiederum die Konfliktparteien die Verantwortung für die Inhalte und Lösungen haben. Das Ziel sind Lösungsmöglichkeiten, die von den Konfliktparteien ausgearbeitet und anerkannt werden. Die Konfliktparteien selbst sind die Experten für den Konflikt. Der Mediator ist lediglich der Übersetzer, der sicherstellt, dass es nicht nur unproduktiven und wenig zielführenden verbalen Schlagabtausch gibt.

Mediatoren verstehen sich als allparteilichen Vermittler, die versuchen, alle am Konflikt Beteiligten einzubinden, zu sehen und zu hören, und keiner der Konfliktparteien mehr oder weniger Gewicht zu geben.

Die Aufgabe des Mediators ist es, die Konfliktparteien mit Struktur durch das Verfahren zu führen.

Die Vermittlung in Konflikten ist nichts grundsätzlich Neues. Neu ist aber, dass Mediatoren speziell dafür ausgebildet sind, Vermittlungsgespräche zu führen. Durch eine zertifizierte, nach dem Bundes Mediationsgesetz festgelegte Ausbildung. Das tragende Element des Verfahrens, wird grundsätzlich durch 5 Phasen bestimmt.

  1. Die Einleitungsphase
  2. Die Darlegungsphase
  3. Die Vertiefungs/ Erhellungsphase
  4. Die Lösungsphase
  5. Die Vereinbarungsphase

Wichtige Grundlagen und Prinzipien für den Mediator sind:

Konflikte haben ein produktives Potential, sie zeigen dass etwas geklärt werden muss. Konflikte beinhalten die Chance, gemeinsam sinnvolle Veränderungen zu entwickeln.

Freiwilligkeit: Die Teilnahme an der Mediation ist für die Konfliktparteien freiwillig. Die Freiwilligkeit ist in einzeln geführten Erstgesprächen zwischen Mediator und der jeweiligen Konfliktpartei zu klären.

Neutralität: Der Mediator darf mit dem Ausgang der Konfliktbearbeitung keine eigene wirtschafts- oder Beziehungsinteressen verbinden. Ansonsten ist er zur Lösungsabstinenz nicht fähig.

Allparteilichkeit: Der Mediator ist für alle da. Dies äußert sich in der angemessenen Unterstützung für jede der Parteien. Allparteilichkeit ist eine Haltung und ein Verhalten. Beides muss von Mediator durch Selbstreflexion ständig neu erarbeitet werden, und es wird von den Parteien insbesondere zu Beginn der Mediation ständig neu in Frage gestellt werden. Ein Mediator entscheidet nicht, wer Recht oder Schuld hat, und er zwingt niemandem ein Urteil oder einen Kompromiss auf.

Wichtige Begrifflichkeiten im Kontext der Mediation:

Lösungsabstinenz: Mediatoren geben keine Lösungen und keine Lösungsideen vor. Die Abstinenz des Mediator dient letztlich der Stärkung der Parteien und ist Vorraussetzung für Empowerment.

Empowerment: Stärkung und Unterstützung aller Parteien in der Mediation und vor der Mediation. Mediatoren stärken die Parteien durch Unterstützung der Selbstklärung, der Artikulation und des Rederechts aller Konfliktparteien.

Wertschätzung und Respekt: Wertschätzung und Respekt sind Haltungen, die den Parteien im Konflikt abhanden kommen – daher ist es wichtiger, das Mediatoren einen großen Vorrat davon mitbringen. Durch Wertschätzung und Respekt gelingt es dem Mediator, gute Gründe für das hässliche Verhalten heraus zu hören und auch für die jeweilige andere Seite hörbar zu machen.

Die Anwendung des Mediationsverfahren ist geeignet für viele Konfliktsituationen. Z.B.

  1. Zwischen Organisationen (Wirtschaftsmediation)
  2. In Organisationen (Am Arbeitsplatz)
  3. Nachbarschaft
  4. Schule und Jugendarbeit
  5. Trennung & Scheidung
  6. Täter-Opfer-Ausgleich

Ein Anwendungsbereich etwas näher beleuchtet:

Täter-Opfer-Ausgleich

Hier stehen insbesondere der Sühneaspekt sowie die pädagogische Absicht im Vordergrund. Auf Grund der starken Asymmetrie zwischen Schädiger und Geschädigtem eine besondere Herausforderung. Besonders die schwere der Straftat sowie deren Intensität und Folgen sind hier im Blick zu halten.

Chancen für die Parteien (Opfer & Täter)

Der Transformations-Aspekt, zwischen Schädiger und Geschädigtem. Das Handeln des Täters sowie das Leid des Opfers für den jeweiligen Gegenüber kenntlich zu machen.
Die Möglichkeit des Opfers, die Tat besser zu verstehen und so auch besser für die Zukunft, das „Leben danach“, zu verarbeiten. Der Sühne-Aspekt, den Täter direkt mit dem Leid zu konfrontieren und so das Gefühl von Genugtuung zu bekommen.
Die Möglichkeit für den Täter, besser zu begreifen welche Konsequenzen das eigene Handeln hat.
Als angrenzende Disziplin ist die Strafjustiz als Besonderheit hervorzuheben. In der Regel wird dem Täter im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs die Mediation vom Gericht nahegelegt. Oft mit strafmildernder Auswirkung.
Der pädagogische Aspekt als Hauptmotiv: Resozialisierung statt Kriminalisierung.

Erstellt: Friedrichshafen im Okt. 2021 A. Zorn